Projektdokumentation
Haltung zeigen!
Projektüberblick
Was bedeutet es heute, mutig zu sein? Welche Themen sind uns wichtig? So wichtig, dass wir für sie einstehen oder vielleicht sogar protestieren würden?
Unter dem Thema „Haltung zeigen“ wurden Kurator*innen des Bode-Museums eingeladen, Werke aus den Museumssammlungen auszuwählen, die in besonderer Weise von Mut und couragierter Haltung erzählen. Darunter waren Werke von Künstler*innenpersönlichkeiten, die in ihrer Zeit Haltung gezeigt und mutig agiert haben sowie porträtierte Personen und Figuren, die mit den Begriffen in Verbindung gebracht werden können. Diese Objekte waren Ausgangspunkt für die Arbeit mit den Schüler*innen, es wurden Verbindungen aber auch Unterschiede zu heutigen Vorstellungen von Mut und couragierter Haltung hergestellt.
Zusätzlich zu den Objekten aus dem Bode-Museum dienten auch zeitgenössische Künstler*innen beziehungsweise politische Aktivist*innen als Inspiration. Über sie schlugen wir eine Brücke zur Gegenwart und nutzen deren Aktivitäten und künstlerische Arbeiten, um praktisch mit den Schüler*innen ins Arbeiten zu kommen.
Fragen wie, „Wofür werde ich Haltung zeigen? Was bedeutet es mutig zu sein? Wofür oder wogegen würde ich protestieren?“, sollten spezifische Anliegen der Schüler*innen und aktuell relevante Themen aufnehmen.
Ein Fragebogen zum Programm der eigenen Kampagne half den Schüler*innen, ihr Anliegen herauszuarbeiten. Skizzen zu Slogans, Logos, Plakaten und Sprechchören wurden angefertigt.
Ihre Auseinandersetzung und Skizzen mündeten einerseits in Plakate mit Halterungen, T-Shirts, Jutebeutel, textile Banner und Präsentationswürfel, anderseits in Sprechchören und Choreografien.
Am letzten Tag arbeiteten wir zusammen an einer Performance, in der die erarbeiteten Dinge und die Sprechchöre zusammenflossen. Eltern, Mitarbeiter*innen und Besucher*innen des Bode-Museums waren herzlich eingeladen, Teil der Performance zu werden.
Objektbezug
Neben anderen waren die unten aufgeführten Objekte Ausgangspunkt für die Arbeit mit den Schüler*innen, es wurden Verbindungen aber auch Unterschiede zu unseren heutigen Vorstellungen von Mut und couragierter Haltung hergestellt. Zusätzlich zu den Objekten aus dem Bode-Museum dienten zeitgenössische Künstler*innen beziehungsweise politische Aktivist*innen als Inspiration. Über sie schlugen wir eine Brücke zur Gegenwart und nutzen deren Aktivitäten und künstlerische Arbeiten, um praktisch mit den Schüler*innen ins Arbeiten zu kommen.
Einige ausgewählte Beispiele:
Bildnis Dorothea von Rodde-Schlözer (Inv.-Nr. M 230), Jean-Antoine Houdon, um 1806, Paris (stilistisch), Marmor, 54 x 50 x 30 cm (H x B x T, ohne Sockel)
Das Bildnis der Dr. Dorothea von Rodde-Schlözer – die erste Frau, die in Deutschland in Philosophie promovierte – wurde zwei Plakaten von den Guerilla Girls, die unter anderem Ungleichheit im Kunstbetrieb thematisieren, gegenübergestellt, um über Frauenrechte ins Gespräch zu kommen.
Evangelist Lukas (Inv.-Nr. 403), Tilman Riemenschneider, 1490–1492; Deutschland (stilistisch), Münnerstadt (hist. Standort), Lindenholz, 77 x 44 x 24 cm (H x B x T)
Hier wurde die Künstlerpersönlichkeit Tilman Riemenschneider ins Zentrum gesetzt, der politisch aktiv war und sich im Bauernkrieg auf die Seite der Bauern stellte. Konfrontiert wurde die Arbeit mit den variationsreichen Arbeiten des Künstlerduos Adams & E.B.Itso.
Diana als Jägerin (Inv.-Nr. 9/59), Bernardino Cametti, 1720/1750; Rom (stilistisch), Marmor, 258 cm (Höhe mit Sockel)
Diana als Jägerin wurde Arbeiten von Cindy Sherman gegenübergestellt, um Rollenbilder und Inszenierung zu thematisieren.
Besätze einer Tunika mit Josefszyklus (Inv.-Nr. 9110 u. weitere), 7./10. Jahrhundert (verbale Datierung); Fundort unbekannt, Tunika: Leinen; Wirkerei: Wolle und Leinen; Wirkerei auf Leinenkette, 22,6 x 28,5 cm (H x B)
Ausgehend von der Josefsgeschichte kamen wir mit den Schüler*innen über Neid, Ausgrenzung, aber auch gesellschaftlichen Aufstieg ins Gespräch und zogen Verbindungen zu Alltagserfahrungen. Die Besätze der Tunika mit dem Josefszyklus wurden mit Hannah Ryggens politischen Wandteppichen in Bezug gesetzt.
Konsolbalken mit Darstellung Daniels in der Löwengrube, 6. Jahrhundert, Ägypten, Tamariskenholz
Der Konsolbalken mit der Darstellung von Daniel in der Löwengrube animierte ebenfalls zu Gesprächen über Neid und Missgunst sowie darüber, was man dagegen tun kann. Den Bezug zur jüngeren Geschichte und Gegenwart stellten wir durch den Künstler Keith Haring her.
David mit dem Haupt des Goliath (Inv.-Nr. 2262), Donatello, Mitte 15. Jahrhundert; Italien (stilistisch), Bronze, 37 x 10,5 x 10,5 cm (H x B x T)
Die Darstellung des David mit dem Haupt des Goliath wurde genutzt, um auch über den politischen Aktivsten Joshua Wong ins Gespräch zu kommen.
Formen der Zusammenarbeit
Seitens der Schule gab es vor allem den Wunsch, das Medium Siebdruck gemeinsam mit den Schüler*innen zu erproben. Der thematische Fokus kam, anders als bei den meisten unserer Projekte, inspiriert von unserem Themenfächer aus dem Team von lab.Bode. Wesentlich war, dass alle Workshopleiter*innen sich vor der Workshopwoche den Schüler*innen in der Schule vorstellten. Sie zeigten ihre künstlerischen Arbeiten und eröffneten den Schüler*innen einen ersten Ein- und Ausblick auf das bevorstehende Projekt. Zugleich konnten die Workshopleiter*innen vorab ihre Konzepte bezogen auf ihre ersten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Schüler*innen anpassen.
Unterrichtsbezug / Bezug zu kompetenzbezogenem Lernen
Das Projekt ist fächerübergreifend angelegt: Die Thematisierung des Bildnis’ der Dorothea von Rodde-Schlözer sowie die Plakate der Guerilla Girls, die Sexismus und Rassismus aufdecken, stellen eine Verbindung zum Geschichtsunterricht her. Aber auch die Thematisierung der Biografie von Tilman Riemenscheider mit Blick auf die Bauernkriege und Reformationszeit kann für den Geschichtsunterricht relevant sein. Die Josefsgeschichte sowie David mit dem Haupt des Goliath weisen einen Bezug zum Religionsunterricht auf. Die politischen Überzeugungen und Anliegen von Keith Haring als auch Joshua Wong bilden eine Brücke zur politischen Weltkunde. Genderrollen werden am Objekt Diana als Jägerin als auch am Bildnis der Dr. Dorothea von Rodde-Schlözer thematisiert.
Zum Bildende Kunstunterricht gibt es Verbindungen durch die Techniken des Zeichnens, Malens, Druckens und Bauens. Die Aufwärmübungen, Sprechchöre und Choreografien knüpfen an Darstellendes Spiel und Sportunterricht an.
Methodische Herangehensweise
Das Projekt nutzte Methoden der politischen Bildung, um persönliche Anliegen der Schüler*innen herauszuarbeiten. Durch tanzpädagogische Methoden wurden Choreografien, Sprechchöre und deren Gesten erarbeitet. Kunstpädagogische Methoden und Methoden aus dem Werkunterricht kamen beim Zeichen und Malen von Plakaten, Bedrucken von T-Shirts und Jutebeutel, Besprühen von Bannern und dem Bauen von Boxen und Halterungen für die Plakate zum Einsatz.
Projektphasen
Termin | Dauer | Ort | Was wurde gemacht? |
---|---|---|---|
Montag | 4 Std. | Museum | 4 Stationen, 4 Objekte, 4 zeitgenössische Künstler*innen, Aktivist*innen, praktische Arbeit: Performance, Bildhauerei, Zeichnung, Collage |
Dienstag | 4 Std. | Museum | Politische Bildung in den Vermittlungsräumen: politisches Programm, Slogan, Logo, Bewegung |
Mittwoch, Donnerstag | 4 Std. | Museum | Praktische Arbeit in den lab.Bode-Räumen und den Werkstätten: Plakat malen, T-Shirt und Jutebeutel bedrucken, Banner besprühen, Präsentationsboxen und Plakathalter bauen |
Freitag | 4 Std. | Museum | Proben im Freiraum, Performance in der Basilika |
Sichtbarkeit/Künstlerische & praktische Arbeiten
Der Workshop fand während den Öffnungszeiten des Museums statt, so dass die Besucher*innen die Arbeit der Schüler*innen in den Vermittlungsräumen mitkriegten. Im Freiraum waren während des Workshops Probensituationen mit Musik und Sound wahrnehmbar. Im Denkraum als auch in der Plattform wurden Teile der politischen Bildung in Form von Skizzen und Mindmaps sichtbar. In der Basilika waren die Generalproben und die Performances deutlich zu hören und zu sehen. Alle von den Schüler*innen hergestellten Artefakte waren dort ebenfalls präsent und für die Besucher*innen sichtbar. Die Performance war eine sicht- und hörbare Intervention in den Museumsraum, in dem das Museum als Bühne für die Performance und Anliegen der Schüler*innen diente.
Räume der Vermittlung / Projektsettings
Der Freiraum diente mit Spiegel, Anlage und Tribüne als Tanz- und Proberaum. Mit Tischen und Stühlen ausgestattet bot er zusätzlich Raum zum Diskutieren, Schreiben und Skizzieren – genauso wie die Plattform. Im Denkraum, der mit einem Zugang zum Internet ausgestattet ist, konnten Dinge durch Video und digitales Bild veranschaulicht werden. Die große Werkstatt mit Tischen, Stühlen, Trockenhorde und Waschbecken diente als Nassraum. Die kleine Werkstatt mit Tischen, Stühlen, Säge, Schrauben, Nägel wurde als kleine Tischlerwerkstatt genutzt.
Ressourcen: Technik und Verbrauchsmaterialien
Technik: Musikanlage mit Miniklinke, Box und Mikrophon
Verbrauchsmaterial: Papierrollen (10 m), Zeichenblöcke DIN A3 und A2, Zeichenkohle, Acrylfarben, Pinsel, Schwammpinsel, Wasserbehälter, Mischpaletten, Buntstifte, Edding, Filzstifte, Lineale, Bleistifte, Wachskreide, Buntpapier, Scheren, Klebstoff, Klebestifte, Din A4-Papier, Kugelschreiber, verschiedenfarbige Textilien, verschiedenfarbige T-Shirts und Jutebeutel, Stencil Book von Patrick Thomas, Siebe, Rakel, Siebdrucktextilfarbe, Holzspachtel, große dickhäutige Mülltüten, 2 x 5 Farben Ökosprühdosen, Theaterlatten, Kappsäge, Akkuschrauber, Schrauben, Japansäge, Tacker mit Tackernadeln, Klebepistolen mit Munition, Graupappen
Ressourcen: Honorare
Dies bezieht sich auf drei Projektwochen!
1 freie Mitarbeiterin für Konzeption und Koordination (25h); 1 freie Mitarbeiter*in Objektrecherche, Textanfertigung und inhaltliche Schulung des ganzen Teams (25h); 4 freie Mitarbeiter*innen jeweils Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der 3 Workshopwochen (insgesamt jeweils 105h), 1 freie Mitarbeiter*in für Reflexion Dokumentation (5h)
Surya Gied, Raphael Hillebrand, Magda Korsinsky, Daniel Mecklenburg