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Projektdokumentation
Schneller! Höher! Weiter!

Projekt:
Schneller! Höher! Weiter!
Projektkoordination (Wissenschaftliche Mitarbeiter*in lab.Bode):
Maralena Schmidt
Workshopleiter*innen (Freie Mitarbeiter*in):
Malte Bartsch, Karen Winzer
Projektzeitraum:
1.4.–1.6.2018
Termine & Dauer:
9 Einzeltermine, Tag 1: 1,5 Std. Tag 2: 1,5 Std. Tag 3: 4 Std. Tag 4: 4 Std. Tag 5: 4 Std. Tag 6: 4 Std. Tag 7: 4 Std. Tag 8: 4 Std. Tag 9: 4 Std.
Schule:
Schule am Rathaus
Klasse/Lehrkraft:
7. Klasse, Wahlpflichtuntericht Holzwerkstatt / David Kaller
Gruppengröße:
16
Oberthema/Unterthema:
Menschenbilder, Gender, Identität

Projektüberblick

Die Teilnehmenden bekamen in diesem Projekt die Möglichkeit, sich gegenüber dem Reiterstandbild des Großen Kurfürsten in der Eingangshalle des Bode-Museums zu positionieren. Die Wahl der Mittel ist war ihnen dabei relativ freigestellt. Sie konnten allein oder in kleinen Gruppen mit ausgewählten Objekten, selbstgebauten Attributen, choreografischen Eingriffen, performativ oder akustisch auf die Figur des Kurfürsten reagieren.

Mit Hilfe ihrer Beiträge sollten sie dem Kurfürsten nicht nur ganz nah kommen, sondern sich ihm gegenüber bewusst selbst inszenieren. Ausgehend von ihrem Interesse am eigenhändigen Bauen konstruierten die Schüler*innen in Kleingruppen drei Holzobjekte: einen Ferrari aus Holzlatten, eine Start- und Landeplattform für eine Drohne und eine Armbrust, die mit einem Zielfernrohr versehen wurde. Sie besprachen ihre Entwürfe vorab mit dem Direktor des Museums. Zum Abschluss des Projekts wurden die Objekte als raumgreifende Installation in der Eingangshalle des Bode-Museums ausgestellt.

Die finale Bauphase und die Präsentation der Arbeiten fanden im Museum an exponierter Stelle statt. Die Besucher*innen konnten die Installation der Arbeiten verfolgen und das Reiterstandbild aus neuer Perspektive betrachten. Die autoritäre Geste des Reiterstandbildes wurde durch die Beiträge der Teilnehmenden in Frage gestellt. Wie hat sich Ausstrahlung und Wirkung des Standbildes in Verbindung mit den neu entstandenen Arbeiten verändert?

An den Arbeiten der Schüler*innen wurde ihre Reflexion über die ausgewählten Leitbegriffe – Menschenbilder, Gender und Identität – deutlich:

Wie stellen Menschen Menschen dar? Was empfinden die Teilnehmenden in Anbetracht der überlebensgroßen, in Bronze gegossenen Darstellung des Kurfürsten? Wie wurden Männer im Vergleich zu Frauen in der Vergangenheit dargestellt? Und wie heute? Was zeigt der mächtige Mann von sich und was wollen die Teilnehmenden von sich zeigen? Würden sie auch gerne hoch hinaus und wenn ja, was erwarten sie dort oben?

Objektbezug

Im Zentrum des Workshops stand das Standbild des Großen Kurfürsten in der Eingangshalle des Bode-Museums. Reiterstandbild wie Architektur bot für die Teilnehmenden einen Anlass, über die eigene Position nachzudenken: Sie befinden sich in der Eingangshalle des Bode-Museums in einem musealen Raum, der mit seinen Werten, seiner kulturellen Bedeutung, seiner Geschichte, seiner Lage in der Hauptstadt Deutschlands in hohem Maß atmosphärisch aufgeladen ist und Autorität ausstrahlt. Die Teilnehmenden wurden sowohl von der Herrscherfigur als auch von der Architektur herausgefordert. An Körpergröße und politischer Bedeutung unterlegen, war es an ihnen, Wege zu finden, sich im Machtgefüge des Raums zu behaupten.

Formen der Zusammenarbeit

Die museumsbeauftragte Lehrkraft hatte von Beginn der Kooperation an Interesse, mit ihrem Wahlpflicht-Kurs Holzwerkstatt ein Projekt im Museum zu realisieren. Eine langfristige Zusammenarbeit mit diesem Kurs über mehrere Schuljahre war möglich.

Das Projekt entwickelte sich als Fortsetzung aus dem Projekt „3D-Labor“ im Jahr 2017. Der museumsbeauftragte Lehrer und Leiter der Holzwerkstatt begleitete das Projekt und es entwickelte sich eine gelungene Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Vermittlungsteam. Der Lehrer teilte und bestärkte das Interesse der Schüler*innen am eigenen Bauen und künstlerischen Arbeiten.

Unterrichtsbezug / Bezug zu kompetenzbezogenem Lernen

Der Wahlpflichtkurs Holzwerkstatt bot mit diesem Projekt Anknüpfungspunkte an die Fächer Kunst, Geschichte, Mathematik und Physik.

Übergreifende Kompetenzen kamen zum Tragen:

  1. bei der Annäherung an die Figur des Großen Kurfürsten, dem Erschließen seiner historischen, politischen Bedeutung. Es galt, ihn in seiner Position als Herrscherfigur zu erfassen und eine zeitgeschichtliche Vorstellung zu entwickeln.
  2. beim Berechnen der Konstruktion ihrer Objekte: Maße mussten bestimmt, statische Bedingungen eingeschätzt werden.
  3. beim Treffen von gestalterischen Entscheidungen.
  4. bei der Nutzung von technischen Geräten wie Laser-Messgerät, Laserpointer, Fernrohr und Aktivboxen.
  5. bei der zeichnerischen und sprachlichen Formulierung ihrer Ideen als Grundlage der Realisierung.
  6. bei der Präsentation ihrer Ergebnisse – Kunstvermittlung!

Methodische Herangehensweise

Die im Workshop angewendeten Methoden leiten sich sowohl aus theaterpädagogischen Annährungs- und Beobachtungsexperimenten als auch aus künstlerischen Methoden zur Erfassung und Besprechung des Reiterstandbildes ab:

  • Übung zur Wahrnehmung von Höhe und ihrer Bedeutung: hierarchisch und körperlich; choreografische Übung
  • Biografische Übung/Selbstdarstellung: sprachliche Entwicklung kurzer Narrationen zur eigenen Person
  • Konfrontation mit dem Standbild vor Ort: Betrachtung, Diskussion über Wirkung, Austausch über erste Assoziationen und Impulse
  • Untersuchung und Beschreibung des Reiterstandbildes sowie der Eingangshalle mit Hilfe von Mess- und Beobachtungsgeräten
  • individuelle Entwurfsarbeit: Entwickeln einer Idee, Skizzierung, inhaltlicher Austausch
  • Entscheidungsfindung als Gruppe: Beratschlagung, Abwägen (Was interessiert uns? Was schaffen wir zeitlich und technisch?), Abstimmung
  • Recherche zu konstruktiven Fragestellungen
  • Rücksprache mit Mitarbeiter*innen des Hauses über Materialwahl, Versicherung, Brandschutz
  • Bildhauerische Arbeit, Bauen
  • Installieren, Präsentieren

Projektphasen

Termin Dauer Ort Was wurde gemacht?
23.4.2018 1,5 Std. Schule Performative Übung zu Machtverhältnissen in verschiedenen Räumen der Schule und in der Umgebung
24.4.2018 1,5 Std. Schule Fotografische Selbstinszenierung mit eigenen, mitgebrachten Attributen, Einleitung zum Großen Kurfürsten, Ausblick auf praktische Arbeit im Museum
26.4.2018 4 Std. Museum Individuelle Betrachtung des Reiterstandbildes, Vermessen des Raums, fotografische Annäherung in Gruppen, Formulierung erster Reaktionen und Ideen auf das Standbild und die Gesamtsituation in der Eingangshalle
3.5.2018 4 Std. Museum 1. Selbstbild/Selbstdarstellung thematisieren und vertiefen: Drei Geschichten zur eigenen Person erfinden: Wann habe ich mich besonders wohl oder stark gefühlt? Eine Geschichte muss gelogen sein. Die Gruppe rät. 2. Bisherige Ideen überprüfen und präzisieren, entscheiden, was realisiert werden soll und welche Materialien dafür benötigt werden, Planung der ersten Arbeitsschritte
4.5.2018 4 Std. Museum Gruppenarbeit an drei Objekten: 1. Ferrari F40: Maßstab 1:1, Übertragung einer technischen Zeichnung in dreidimensionale Dachlatten-Auto-Konstruktion; akustische Ergänzung durch Original-Motoren-Sound über Aktivbox; 2. Drohne: Bau eines Sockels als Landefläche für eine Drohne, farbliche Gestaltung, Markierung der Flächen; 3. Armbrust: Konstruktion eines Hybrids aus Stativ, Armbrust, Fernglas und Laserpointer, Bau eines mechanisch schwenk- und benutzbaren Objektes, in dem die Funktionen optisches Markieren (Laserpointer) und Vergrößern (Fernglas) kombiniert werden
7.5.2018 4 Std. Museum Gruppenarbeit an den drei Objekten
8.5.2018 4 Std. Museum Gruppenarbeit an den drei Objekten
17.5.2018 4 Std. Museum Gruppenarbeit an den drei Objekten, Präsentation der Arbeiten, Argumentation der eigenen Vorhaben gegenüber dem Direktor des Museums
24.5.2018 4 Std. Museum Fertigstellen der Objekte, Installation im Museumsraum, fotografische Selbstinszenierung/Dokumentation, Ausstellungseröffnung, Erläuterung der eigenen Arbeit im Gespräch mit Besucher*innen

Sichtbarkeit/Künstlerische & praktische Arbeiten

Im Museum:

Die Vermittlungsarbeit wurde hauptsächlich durch die Aktivitäten der Teilnehmenden im Ausstellungsraum sichtbar:

  • Vor-Ort-Recherche der Teilnehmenden, Ausmessen von Objekten, fotografische Annäherung an Exponate, Gruppengespräche im Ausstellungsraum
  • Materialtransporte durch Museumsräume und Ausstellungsbereiche; Konfrontation mit Regeln des Museums; Diskussionen mit Aufsichts-, Sicherheitspersonal und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen
  • Präsentation der Ergebnisse im Ausstellungsraum

 

In der Schule:

  • Übungen, Aktivitäten und Arbeiten auch außerhalb des Werkraums
  • Ergebnisse wurden teilweise in die Schule gebracht, dort gezeigt und Material wiederverwendet
  • Poster mit Projektdokumentation im Schulflur

 

Für Besucher*innen:

  • Selbständig arbeitende, selbstverständlich in Museumsräumen agierende Teilnehmende
  • Materialtransporte durch Teilnehmende innerhalb der Ausstellungsbereiche
  • Lärm, der aus den Vermittlungsräumen dringt
  • Präsentation von Ergebnissen im Ausstellungsraum

Räume der Vermittlung / Projektsettings

Im Museum:

Die Projektgruppe arbeitete in einer provisorischen Werkstatt in den Räumen des lab.Bode (Freiraum und Plattform), dem kleinen Werkraum im Keller sowie außerhalb des Gebäudes. Die Ergebnisse wurden in den Museumsräumen präsentiert.

Für Projekte wie dieses bräuchte man Räume, die leicht zugänglich sind, in die Material hinein- und herausgetragen werden kann, ohne Ausstellungsräume durchqueren zu müssen. Lagerflächen für Zwischenergebnisse längerfristiger Projekte wären sinnvoll, ebenso wäre es gut, wenn man den Raum lüften könnte und es einen Wasseranschluss und unempfindliche Oberflächen (Fußböden und Möbel) gäbe.

 

In der Schule:

Der Werkraum – ausgestattet mit einfachen, vorwiegend manuellen Werkzeugen, Werkbänken, Wasseranschluss etc. – wurde nur für den Auftakt des Projektes genutzt, weil das Museum als außerschulischer Lernort für die Teilnehmenden reizvoll war und sie sich im Museum bestenfalls leichter auf andere Methoden und Inhalte einlassen können, als in ihrer gewohnten Schulumgebung.

Ressourcen: Technik und Verbrauchsmaterialien

Ressourcen: Honorare

2 freie Mitarbeiter*innen, jeweils 25 Stunden Vor- und Nachbereitung, 31 Stunden Durchführung, 3 Stunden Dokumentation und Reflexion

Autor*innen der Dokumentation
Maralena Schmidt, Malte Bartsch, Karen Winzer